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Putins Militärpolitik

SWP-Studie 2003/S 16, 15.04.2003, 43 Seiten Forschungsgebiete

 

Die russischen Streitkräfte befinden sich in einem kritischen

Zustand. Das betrifft ihre innere Verfassung, Moral, Ausbildung, Ausrüstung

und Kampfbereitschaft. Die Armee ist von Korruption und Kriminalität

durchsetzt. Gewalt ist an der Tagesordnung. Die Streitkräfte sind

immer noch auf einen großen konventionellen Krieg mit der NATO

ausgerichtet. Ihr Charakter als eine mehr als eine Million Mann umfassende

Massenarmee hat sich nicht geändert. Die Einsatzpläne des

Kalten Krieges liegen immer noch griffbereit in den Schubladen des Generalstabs.

 

 

 

Gebraucht werden heute schnell einsatzfähige, mobile und flexible

Kräfte. Über derartige Kräfte verfügt Rußland

jedoch nicht.

 

 

Schließlich beleuchtet der nicht enden wollende Konflikt in Tschetschenien

einerseits den desolaten Zustand der Streitkräfte und Sondertruppen,

andererseits verschärft er die kritische Situation.

 

 

Präsident Putin hat die Notwendigkeit grundlegender Reformen im

Militärwesen erkannt. Er will Streitkräfte, die "kompakt,

modern und gut bezahlt sind". Er hat sich für drastische Personalkürzungen

stark gemacht und will eine Berufsarmee einführen. Putin hat sogar

einer "Demilitarisierung des öffentlichen Lebens" das

Wort geredet. Anders als in internationalen militärischen und sicherheitspolitischen

Fragen wie Raketenabwehr, NATO-Ost-Erweiterung und amerikanische Militärpräsenz

in Zentralasien sowie im Kaukasus hat er sich bei den internen russischen

Militärfragen jedoch nicht durchsetzen können. Er hat praktisch

die Kontrolle über die in Tschetschenien eingesetzten bewaffneten

Kräfte verloren. Eine Militärreform bleibt infolgedessen eine

ungelöstes Problem sowohl der russischen Politik als auch des Verhältnisses

zwischen Rußland und dem Westen.