Direkt zum Seiteninhalt springen

EU und Westlicher Balkan

Von Dayton nach Brüssel: ein allzu langer Weg?

SWP-Studie 2005/S 01, 15.01.2005, 36 Seiten Forschungsgebiete

Die Staaten des Westlichen Balkan haben 2003 in Thessaloniki die Beitrittsperspektive erhalten. Analysiert man jedoch den Zustand der Wirtschaften und Gesellschaften anhand der Kopenhagener politischen und wirtschaftlichen Kriterien, so werden zahlreiche Defizite offenkundig. Sie sind so gravierend, daß ihre Behebung (zur Erfüllung der Kriterien für eine Vollmitgliedschaft) sehr viel, vielleicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Die Wartezeit nach Erreichen des ersten Etappenziels eines Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens (SAA) bis zum Beginn von Beitrittsverhandlungen und erst recht bis zum Endziel Vollmitgliedschaft ist realistischerweise mit mindestens 10 bis 15 Jahren anzusetzen. Gleichzeitig ist zu erwarten, daß sich spätestens in der erweiterten EU-28, also nach dem Beitritt Bulgariens, Rumäniens und Kroatiens, eine verstärkte Erweiterungsmüdigkeit ausbreiten wird.

 

Eine Rücknahme der Beitrittsperspektive ist nicht möglich. Daher stellt sich die Frage, ob nicht eine (bisher tabuisierte) abgestufte Mitgliedschaft erwogen werden sollte. Diese könnte insofern einen gewissen Anreiz bieten, als alleine schon eine Bezeichnung wie etwa "Junior-Mitgliedschaft" den Politikern und der Bevölkerung des betroffenen Landes das Bewußtsein vermitteln würde, eine qualitativ höhere Stufe erreicht zu haben als die eines SAA. Als Rahmen solcher Junior-Mitgliedschaften wäre an einen stufenweisen Prozeß zu denken, der eine allmählich zunehmende aktive und passive Beteiligung am europäischen Integrationsprozeß vorsehen sollte und schließlich in einer Vollmitgliedschaft enden kann, aber nicht muß. Dabei wäre es möglich, entsprechend der Erfüllung bestimmter Konditionalitäten auch die finanziellen Zuwendungen nur schrittweise auszuweiten.