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Kontrollierte Dynamik

EU-Kompetenzordnung im Vertrag von Lissabon und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts

SWP-Studie 2009/S 31, 15.12.2009, 28 Seiten Forschungsgebiete

Mit dem Vertrag von Lissabon wird auch die Kompetenzordnung der EU reformiert. Der Vertrag enthält zwar keinen abschließenden Zuständigkeitskatalog, doch er ordnet die Kompetenzen der EU transparent und systematisch in die Kategorien der ausschließlichen, geteilten und ergänzenden Zuständigkeiten. Gleichzeitig werden die Prinzipien der Kompetenzausübung genauer definiert. Zuständigkeitskonflikte wird allerdings auch die reformierte Kompetenzordnung des Lissabonner Vertrags nicht in allen Einzelfällen verhindern können, denn weiterhin werden die zentralen Triebkräfte zur Übertragung von Zuständigkeiten auf die EU wirken. Am Beispiel der neuen europäischen Zuständigkeitsfelder in der Bildungspolitik und im Sport zeichnet die Studie diese Mechanismen der Kompetenzübertragung nach und beleuchtet die Interessen der EU-Organe.

 

Das Bundesverfassungsgericht fordert in seinem Lissabon-Urteil keinen endgültigen Zuständigkeitskatalog. In der politischen Konsequenz bedeutet dieses Urteil, dass sich der europäische Integrationsprozess und die deutsche Europapolitik an den geschützten Kernbereich nationaler Politik und nationalstaatlicher Identität vorsichtig herantasten müssen. Die letztlich verbindliche Feststellung, an welchem Punkt die Schwelle zum europäischen Bundesstaat erreicht oder gar überschritten wird, behält sich das Karlsruher Gericht selbst vor.

 

Die von den Verfassungsrichtern geforderte dynamische Kompetenzordnung und die gestärkten Regeln zur Kontrolle der Kompetenzausübung setzen jedoch den Rahmen, innerhalb dessen die EU künftig die sich ständig wiederholende Frage beantworten kann, wie der europäische Staatenverbund angemessen auf die Herausforderungen der globalisierten Welt reagieren soll.