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Brasiliens Krise und die regionale Ordnung Lateinamerikas

Auf dem Subkontinent verlagern sich die Gewichte – auch weil die USA wieder im Spiel sind

SWP-Aktuell 2016/A 36, 23.05.2016, 4 Seiten Forschungsgebiete

Brasiliens bisherige Präsidentin Dilma Rousseff ist vorläufig suspendiert. Dem Amtsenthebungsverfahren, das vom Parlament des Landes eingeleitet wurde, hat mittlerweile auch der Senat zugestimmt. Diese Zäsur bedeutet zugleich einen Schlusspunkt für das außenpolitische Programm eines Landes, das seit dem Amtsantritt von Rousseffs Vorgänger, Luiz Inacio »Lula« da Silva, immer wieder Anspruch auf eine weltpolitische Gestaltungsrolle erhoben hat. Angesichts der innenpolitischen Blockade wird Brasilien bis auf weiteres als maßgeblicher globaler und regionaler Akteur ausfallen. Die Folge ist, dass andere linksorientierte Regierungen in Lateinamerika eine wichtige Stütze verlieren. Venezuela, Bolivien und Ecuador sind zunehmend auf sich allein gestellt. Die Solidarität dieser Führungen ist gebrochen; in der Region kämpft die Linke um ihr politisches Überleben. Zugleich haben sich die USA in Lateinamerika zurückgemeldet. Washingtons Beziehungen mit Kuba wurden normalisiert, und Präsident Obama sucht demonstrativ die Nähe zur neuen Regierung Argentiniens. Die Anzeichen verdichten sich, dass die politischen Gewichte in der Region neu verteilt werden. Deutschland und Europa sollten sich rechtzeitig darauf einstellen.